BELUGA

2024 | 03:52 min. | 4K | stereo | english

In der Idylle eines Waldes beginnt die Erde zu beben.
Eine unbekannte Entität hält die Ereignisse dieses Events logbuchmäßig fest.

Es bildeten sich Risse im Erdboden.
Unwissend, was dieses Phänomen zu bedeuten hat beginnen sie zu graben.
In den Tiefen der Erde stoßen sie auf eine merkwürdige, artifizielle Kammer.
In der Kammer türmen riesige Berge merkwürdig zerschmolzenen Gesteins.

Sie stießen auf eine der letzten Hinterlassenschaften des Menschen:
Ein atomares Endlager.

Das Zentrum dieses Waldes bildet das Beluga-Dreieck, eine Wiese zwischen dem aktuell bestehenden atomaren Zwischenlager Gorleben, einem Salzstock und einem Aktionsboot von Greenpeace, welches in Folge der Anti-Atomkraftbewegung der 70er Jahre dort abgestellt wurde. Die Landschaft dieses Dreiecks wurde durch etliche Demonstrationen stark geprägt;
Teile des Waldes wurden abgerodet, Bulldozer pflügten die Erde um, Monolithen aus Beton wurden errichtet.

Heutzutage ist davon kaum noch was zu spüren, der Wald wuchs zu und kehrte in seine ursprüngliche Idylle zurück. Gelegentlich hört man das Schiff, die Beluga, im Wind wie ein Wal aufquietschen, gegenüber dazu hört man von der Opposition die Sirenen des Zwischenlagers.

Die großen Auseinandersetzungen mögen zwar zur Ruhe gekommen sein, doch diese Geräusche hallen als Echo weiterhin für die Zukunft nach.

ANTIBIOSE

2023 | 10:10 min. | 4K | 2-channel video | 4-channel audio

Der Vogel besetzt den Ast,
die Mistel besetzt den Stamm,
der Mensch besitzt das Land.

Wir leben in einem aufeinander getakteten Getriebe der Natur. Tiere und Pflanzen leben in verschiedenen Ökosystemen mit- sowie auch füreinander. Bestimmte Arten bedingen einander, dass diese Systeme bestehen bleiben, doch man sollte sie nicht als statische, unveränderbare Konstrukte verstehen. Kommt es zu Veränderungen in der Umwelt, sei es durch die Verdrängung oder das Aussterben einer Gattung, durch fremde Lebensformen, die sich in weitere Bereiche ausbreiten oder durch größere (menschengemachte) Umweltveränderungen, verschiebt sich das Gefüge.

Jede Spezies verhandelt jedoch Territorium und Lebensraum anders. Der Mensch lebt in seinen eigenen (Infra-)Strukturen, verdrängt direkt oder indirekt Arten, die nicht mehr ins Bild passen, aus seinen Grenzen. Parks dienen als Rückzugsorte in die Natur, vergleichen sich jedoch eher mit kuratierten, präzise selektierten Museen der Öffentlichkeit. Mit den wachsenden Infrastrukturen benötigen wir zunehmend mehr Ressourcen. Die unkontrollierte „wilde“ Natur ist nicht mehr gebraucht und steht der effizienzorientierten Industrie im Weg. Biodiversitäten gehen durch uns verloren, das Zeitalter des Anthropozäns wurde angeläutet.

Zwei Entitäten erheben sich aus dem urbanen Grau, begleitet von arythmischen artifiziellen Vogelklängen,

tragen zwei Vogelhäuser in einem performativen Stadtrundgang ins Grün.

Das Vogelhaus wird zum Hauptmotiv;
Durch das Territorium des Menschen müssen andere Lebensarten zwangsläufig remigrieren oder sich dem grauen Lebensraum anpassen. Während Tauben als Pest in den Innenstädten gelten und entsprechende Abwehrmechanismen wie Birdspikes installiert werden, so möchten wir dennoch nicht auf sie verzichten. Wir sehnen uns nach dem Vogelgesang im Sommer, hängen uns Vogelfutter an den Balkon um unseren kollektiven Voyeurismus zu befriedigen.
Das Vogelhaus ersetzt das fragile Konstrukt des Vogelnests, soll vor der Umwelt, Jagdfeinden und Parasiten schützen. Zugleich verfällt der Vogel den Beeren der Mistel, einem pflanzlichen Baumparasiten, und trägt wiederum durch seinen Konsum zur Verbreitung des Schädlings bei.

Die Antibiose beschreibt das parasitäre Verhalten einer Lebensform, die sich am Wirt nährt und bereichert,

das den Wirt schadet und bis zu seinem Tod führen kann.

IMAGO

2022 | 04:40 min. video loop | 1080x1080p | 4-channel audio

Der lateinische Begriff „Imago“ (d.: Bild, Bildnis) findet sich in mehreren Bereichen wieder; In der Biologie bezeichnet es das herangewachsene, geschlechtsreife Insekt, in der analytischen Psychologie beschreibt es das oft unterbewusste Vorstellungsbild einer bestimmten Person, dass auch nach der Begegnung bestehen bleibt. Im Mittelalter benannte man ebenso Wachsmasken, die Gesichter Verstorbener portraitieren sollten zu Ehren der Person.

All diese Anwendungen verbinden das lebende Wesen mit dem Akt des Heranwachsens, der physischen und psychischen Existenz sowie dem Ableben und der Frage, was danach folgt.

In der gleichnamigen Videoarbeit beschäftige ich mich mit dem Zyklischen, Metamorphosen des Lebens.
Jeder Atemzug gibt den Takt zum Nächsten vor.
Die Lunge dehnt sich aus, der Körper öffnet sich.
Zieht sie sich zusammen, verschließt er sich.

56 Dreifachbelichtungen meines eigenen Körpers verschmelzen kreislaufend ineinander.
Jedes Einzelbild besteht aus dem performativen Akt der Mimikry, dem Nachahmen insektuider Formsprache.

Kältezone

2021 | sculptural room-installation | 130x130x350cm | collaboration with Pia Bock

„Sie haben es für mich getan. 65 Tage Brutzeit bei -112° Celsius. Zwei Minuten hätte ich ohne sie überleben können, dann wäre ich erfroren. Ich esse ihr Erbrochenes bis ich groß genug bin, um mit ihnen gemeinsam zu jagen. Bis dahin beugen sie sich zu mir hinunter, nehmen meinen Kopf zwischen ihre Schnäbel, speien die Beute in mich hinein. Sie müssen sich so tief bücken, um mir nah zu sein. Hoffentlich erwarten sie nicht, dass ich das selbe für sie tun würde. Wenn sie von der Jagd zurück kommen, suchen sie nach mir und rufen. Ihre Stimmen klingen wie Warnsignale. Sie haben mir beigebracht zu antworten. Manchmal frage ich mich, was passieren würde wenn ich einfach ganz still bleibe.“

__ Text von Maria Conrad

Wir bewegen uns im Spannungsverhältnis zwischen Kind und Adult,

zwischen Autorität und Gehorsam.

Wir lernen von ihnen, lernen, in für uns vorgegebenen Systemen und Strukturen zu funktionieren.

Wir müssen ihren Vorstellungen entsprechen und ihre Werte vertreten.
Wer wären wir schon, unsere Stimme gegen sie zu erheben, ihnen zu widersprechen.

Schweren Atems und beunruhigendem Grolls schauen sie auf uns herab, wie versteinerte Monolithen der Vergangenheit.
Das ist kein Ort der Zärtlichkeit und Wärme,
kein David gegen Goliath.

Wir sind dem nicht gewachsen.

lost in translation

2024 | sculpture with sound-installations | 50x60x215cm | Collaboration with Lennart Deneke & Till Golombek

Zwei Telefonzellen;
Zwei Hörer, zwei Tastenfelder, zwei Displays.

Das Tastenfeld ist tot,
das Display wiederholt die selben zwei Worte.

A N S W E R M E !

Möchten wir der Aufforderung nachgehen, so hören wir unser eigenes Echo.
Wieder und wieder und wieder, als fände unsere Stimme keinen Ort,
wo sie sich hinbewegen könne, wiederholt ihr Signal, wieder und wieder und wieder.

Ein fernes Echo einer anderen Stimme mischt sich unter unseren Satz.
Schwer zu deuten, unklar, verzerrt.

Wir reagieren, doch alles wabert und verläuft sich zu einem Orchester der Entropie.
Die Gleichzeitigkeit aller Dinge überfordert und frustriert zugleich.

_ _

Der Klangteppich wird unterbrochen von einer künstlich generierten Service-Hotline.

Die Verbindung sei abgebrochen, die Leitungen überlastet.
Wir werden in die Warteschleife weitergeleitet, ein Elevator-Jingle läuft.
Die Musik verrauscht sich allmählich, scheint ebenso wie unsere Stimme zu verhallen.

Unser Echo verliert sich erneut.

Die Spinne

2021 | digital photography | 70x110cm, 140x110cm, 70x110cm pigment prints

[text will follow soon]

Im Moment still

2022 | digital photography | 50x100cm framed pigment prints

Ich beginne
Ich beginne an einem Punkt ohne Bewusstsein.
Ohne ein Gefühl von Zeit, ohne ein Gefühl von Raum.
Soweit ich es einordnen kann existiere ich,
und nur ich für mich alleine.

Die einzige Veränderung, die ich wahrnehmen kann,
ist das Blut, dass durch meinen Körper zu fließen scheint.
Ich selbst kann mich nicht bewegen,
wie ich hier hingekommen bin, weiß ich nicht.
Ob es etwas vor oder nach dem Jetzt gibt,
kann ich mir ebenso wenig vorstellen.

Mein Körper scheint sich auszudehnen.
Zunächst spürte ich eine Berührung, dann noch eine.
Aus sanftem Kontakt wurde allmählich
erdrückende Spannung.
Es fühlt sich an, als würde mich etwas umschließen.
Wie ein Mantel, oder eine zweite Haut.
Doch ihren Zweck kann ich mir nicht erklären.
Schützt sie mich vor einem Außen, dass ich nicht kenne
oder hält sie mich gefangen?

Es dauerte nicht mehr lange, dann spürte ich Risse.

Intervention

2021 | digital photography | 50x70cm framed pigment prints

We merged together in an almost parasitic, intrusive manner.
The border between me and you collapse, we blur into one.
Just fragments of matter intervene in the illusion.
Like a distorted reflection.
I am just an uninvited guest in your shadow.